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Der Autor:
at-Tahir Wattar, 1936 geboren und im Osten Algeriens aufgewachsen, ist
eine Figur, an der sich die Geister scheiden. Die einen halten ihn für
ungläubig, die anderen für fundamentalistisch; manche betrachten
ihn als Oppositionellen, wieder andere als regierungstreu. Er selbst ist
stolz darauf, sich der Vereinnahmung durch eine Richtung zu entziehen.
Wattar hat verschiedene Schulen und Hochschulen durchlaufen, und zwar
immer solche, in denen klassisch-religiöse islamische Bildung vermittelt
und das Arabische dem Französischen vorgezogen wurde. Das unterscheidet
ihn von vielen seiner Schriftstellerkollegen und -kolleginnen. 1955 hat
er seine ersten Kurzgeschichten veröffentlicht, war in den 60er Jahren
als Journalist tätig und auch an der Gründung kurzlebiger Zeitschriften
beteiligt. In den 70er Jahren folgten die Romane, die at-Tahir Wattar
bekannt gemacht haben - alle auf arabisch geschrieben und später
ins Französische übersetzt, besonders Der Fischer und der Palast
(1975), Lâs (1974), Das Erdbeben (1974) und Die Maultierhochzeit
(1977). Nach dem Tod des algerischen Präsidenten Boumedienne hat
at-Tahir Wattar sein literarischen Schaffen unterbrochen und es erst 1992
wieder aufgenommen, mit Romanen, die sich intensiv mit religiös weltanschaulichen
Fragen befassen und die sich frei der islamisch-arabischen Literaturtradition
bedienen.
Der Roman:
Zahlreich sind die arabischen Romane noch nicht, die sich mit dem Phänomen
des Fundamentalismus auseinandersetzen. Und den meisten davon geht es
dabei um die Entstehung des gewalttätigen Fundamentalismus, nicht
um die Frage, in welchem Ausmass eine Rückkehr zu Fundamenten sinnvoll
oder durchführbar ist. Dieser Frage widmet sich at-Tahit Wattar in
seiner neueren Romanen, zum Beispiel in Meister Tâhirs Rückkehr
zu seinem Schrein so rein (2000). Das kleine Werk zeigt einen gottesfürchtigen
Mann, der zu seinem Schrein irgendwo in der Einöde "zurückkehrt",
jedoch erleben muss, dass er erst vor lauter Schreinen kaum den richtigen,
"so rein", erkennt und schliesslich auch nur unter seltsamen
und schwierigen Bedingungen den Zugang zu diesem findet. Es ist ein Versuch,
zwischen Komik und Ernsthaftigkeit, zwischen Surrealismus, Symbolismus
und Realismus die Vorstellungswelt von Personen ad absurdum zu führen,
die uns vorgaukeln, die reine Lehre, wie einst gemeint, zu kennen.
Leseprobe
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