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Der Autor:
"Es
gibt viele sudanesische Autoren, die wir kennen sollten, weil sie ein
neues Schreiben in den arabischen Roman hineingetragen und ihn international
gemacht haben. Der beste von ihnen ist Amir Tadschalsirr." (Gamal
al-Ghitani)
Amir Tadschalsirr (Tagelsir), 1960 im Nord-Sudan geboren, hat im Sudan
und in Ägypten Medizin studiert, einige Jahre im Sudan als Frauenarzt
gearbeitet und lebt und arbeitet seit einiger Zeit in Katar. Nach Anfängen
mit der Dichtung schreibt er seit 1987 Romane, bisher über ein Dutzend.
Auf Französisch ist von ihm im Verlag l'Harmattan im Jahre 2010 Le
Parfum français erschienen.
Der Roman: Ein Mann
sucht eine neue Beschäftigung. Er will einen Roman schreiben. Der
Mann war Sicherheitsbeamter und wurde entlassen, weil er bei einem Einsatz
sein rechtes Bein verlor und nicht mehr verwendbar sei.
Doch der Mann hat noch nie einen Roman gelesen, geschweige denn geschrieben.
Also besucht er den Literatenzirkel um einen bekannten Romanautor, A.T.
(= die Initialen des Buchautors!). Dieser beurteilt die ersten Schreibversuche
des Neuen als "Geheimdienstbericht", fasst aber Vertrauen zu
ihm und bringt ihm die Geheimnisse des Romanschreibens näher.
Hier beginnt die sehr subtile Auseinandersetzung zwischen dem (ehemaligen)
Sicherheitsmann, der, mit seiner Larvenperspektive auf die Welt, auch
das Reich der Intellektuellen/Schriftsteller unter Kontrolle halten muss,
und eben dieser Welt der Schriftsteller. Diese ist einerseits eitel und
skurril, in ihrer wahren Form bringt sie aber den Roman durch die verschiedenen
Entwicklungsstufen - Larve und Puppe - bis zum Schmetterling, der farbig
ist und über allem schwebt und gaukelt, der aber, der Roman, auch
die Widersprüchlichkeit der Welt aufzeigt - im Gegensatz zur Einspurigkeit
des Sicherheitsberichts.
"Diesen Roman beschäftigen zwei Dinge, schreibt der Literaturwissenschaftler
Sabry Hafez: erstens die Zerlegung der Schreibprozedur, beginnend mit
den Ritualen über die komplizierte Beziehung zwischen Schreiben und
Erfahrung
; zweitens das ewige Spiel zwischen Jäger und Wild
/ Mach und Schriftsteller /Spitzel und Intellektueller / Kunst und Wirklichkeit."
Der Larvenjäger ist ein kluges, ein gewitztes Buch, eine angenehme
Mischung von bitterem Ernst (die politische Situation im Herkunftsland
des Autors, dem Sudan), tiefsinniger, oft bitterer Ironie (die Konkurrenz
zwischen Spitzel und Romancier um Themen und Schreibweisen und die Schilderungen
der sudanischen Realität) und spielerischem Spott (die verschiedenen
Figuren: solche, die in einem Roman Aufnahme finden sollen, und solche,
die an/mit Romanen arbeiten). Zu Letzterem gehört auch das da Capo
am Ende: die Präsentation eines fertigen Romans mit dem Titel des
Buches, Der Larvenjäger.
Ein unterhaltsames Buch zum Nachdenken aus einer literarisch weitestgehenden
Terra incognita.
Leseprobe (PDF)
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