Herbstsemester
2008 ETH-Zürich
Fortschritt
und Herrschaft - Palästina seit 1800
Die Auseinandersetzung in und um Palästina/Israel wird auf arabischer
Seite zunächst als Unrecht wahrgenommen, resultierend aus Entwicklungen
im Westen (Europa und USA, mit denen die Bevölkerung Palästinas
nichts zu tun hatte, deren Folgen sie aber zu tragen habe:
Christlicher Fundamentalismus und europäische Finanzkraft samt
technischer Überlegenheit, westliches Nationalstaatsdenken, britischer
Kolonialismus und jüdisch-zionistische Immigration in Palästina,
antijüdische Pogrome in Europa, bis hin zum Holocaust, vorenthaltenes
"Selbstbestimmungsrecht der Völker" und dann der Kalte
Krieg - all das sind Elemente einer Geschichte, die zum sogenannten
Palästina-/Nahostkonflikt geführt haben, bei dem es heute
meist nur noch um die Frage geht, wer denn nun "vernünftige"
Bedingungen stellt oder solche akzeptiert, wer denn nun wirklich friedenswillig
und -fähig ist.
Und der Handschlag (Arafat-Rabin) auf dem Rasen des Weissen Hauses in
Washington im September 1993, gedacht als Ausgangssymbol für einen
schwungvollen Friedensprozess (genannt "Oslo"), hat gebracht,
was auch die pessimistischsten Prognosen von damals in den Schatten
stellt: Nie zuvor wurden so schnell jüdische Siedlungen im Westjordanland
errichtet. Nie zuvor gab es so viele Attacken gegen israelische Soldaten
und Zivilisten; auch die folgenden Vereinbarungen erwiesen sich als
nutzlos.
Die israelische Regierung erfreut sich der fast uneingeschränkten
Unterstützung der amerikanischen Regierung, und die Palästinenser
werden als Bevölkerung mit Rechten und Ansprüchen international
praktisch nicht mehr wahrgenommen, oder sie werden dafür "bestraft",
nicht "richtig" gewählt zu haben.
Die Voraussetzungen für einen "gerechten Frieden" waren
möglicherweise noch nie so schlecht. Und diese Situation wirkt
auf das Verhältnis grosser Teile der arabischen Welt zum Westen.